Die Beziehung zwischen Richard Wagner und Adolf Hitler war ein ideologisch aufgeladener Kult – mit schwerwiegenden Folgen für das Ansehen Wagners im 20. Jahrhundert. Dabei verbanden sich Wagners Musik, seine Schriften und seine Nachkommen mit der Propaganda und Selbstdarstellung des NS-Regimes.
🎭 Wie kam Hitler zu Wagner?
Frühe Faszination:
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Hitler lernte Wagner wohl um 1905–1907 in Wien kennen – als armer, orientierungsloser junger Mann.
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Er besuchte Aufführungen im Stehplatzbereich der Wiener Oper (z. B. „Rienzi“, „Die Walküre“).
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Die heroischen Themen, der Kampf des Einzelnen gegen die Welt, das Schicksalhafte und Mythische sprachen ihn tief an.
„Wer sich dem Rausch von Tristan oder Götterdämmerung hingab, gehörte nicht mehr sich selbst.“ – (Hitler, zit. nach Zeitzeugen)
🧠 Was faszinierte Hitler an Wagner?
Bereich
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Bedeutung für Hitler
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Musik
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„Übersinnlich“, „deutsch“, „erhaben“ – eine Kunstform über allen anderen.
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Mythologie
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Germanischer Stoff, Helden, göttliches Schicksal – Grundlage für NS-„Blut und Boden“-Ideologie.
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Wagners Vision des Gesamtkunstwerks
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Modell für die NS-Masseninszenierungen – Paraden, Lichtdome, Musik.
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**Schriften („Das Judentum in der Musik“) **
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Antisemitisch, kulturkritisch – Hitler übernahm viele Formulierungen und Ideen.
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🏛️ Wagner im Dritten Reich
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Bayreuth als Kultstätte
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Die Bayreuther Festspiele wurden ab 1933 politisch vereinnahmt.
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Hitler wurde Ehrengast, kam regelmäßig – besonders enge Freundschaft mit Winifred Wagner, Schwiegertochter Richards.
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Bayreuth wurde ein Zentrum nationalsozialistischer Kulturpolitik.
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Eintritt für einfache Parteigenossen kostenlos, zur „Volksbildung“.
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Wagners Werke als ideologische Bühnenkunst
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„Die Meistersinger von Nürnberg“ wurde zur „deutschen Volksoper“ erklärt.
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Wagners Musik erklang bei NS-Staatsakten, Parteitagen, Begräbnissen.
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Gleichzeitig wurde sein Werk von Juden, Modernisten und Pazifisten abgelehnt oder verteufelt.
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Zensur & Entgleisung
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Komponisten wie Mendelssohn, Mahler oder Schoenberg wurden als „undeutsch“ verboten.
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Wagner wurde offiziell als „Musiker des Reichs“ verklärt – ungeachtet der Komplexität seines Werkes.
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Hitlers Lieblingsoper: „Rienzi“ – ein Werk über den einsamen Volkstribun, der sein Volk erlöst, aber tragisch scheitert.
🤝 Winifred Wagner & Hitler
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Winifred war persönlich befreundet mit Hitler, schrieb ihm Briefe mit „Mein Führerlein“.
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Sie bewahrte ihm Wagner-Manuskripte, organisierte Bayreuth in seinem Sinne.
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Nach dem Krieg lebenslang nicht reuig, wurde u. a. von Filmemacher Hans Jürgen Syberberg interviewt (1970er-Jahre).
🎻 Folgen für das Wagner-Bild
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Nach 1945 galt Wagner lange als „ideologischer Brandstifter“.
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Erst ab 1951 durch Wieland Wagner begann die Entpolitisierung durch künstlerische Neuinterpretation.
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Heute wird Wagner nicht mehr als NS-Komponist verstanden, aber:
Seine Rezeption durch die Nazis ist integraler Teil der Wagner-Geschichte.
📚 Wichtige Dokumente & Werke
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Wagners Schrift „Das Judentum in der Musik“ (1850 / 1869)
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Hitlers „Mein Kampf“ mit direkten Verweisen auf Wagner
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Filme: „Wagner“ (1983) mit Richard Burton, „Winifred Wagner“ (Doku von Syberberg)