Das Königshaus am Schachen (erbaut 1869–1872) ist eines der rätselhaftesten Bauprojekte Ludwigs II. – fernab der Prachtbauten wie Herrenchiemsee oder Neuschwanstein. Es steht auf einem einsamen Hochplateau in den bayerischen Alpen bei Garmisch-Partenkirchen, 1.867 m über dem Meer – und wirkt wie ein Alpenchalet außen, aber ein orientalisches Traumzimmer innen.
🏔️ Warum genau dieser Ort?
📌 1. Landschaftliche Entrückung
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Ludwig liebte die einsame Hochgebirgslandschaft. Die Umgebung wirkt wie eine natürliche Bühne.
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Der Ort war nur zu Fuß erreichbar (mehrstündiger Aufstieg), was Abgeschiedenheit und Exklusivität garantierte.
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Schon als Kronprinz hatte Ludwig von hier aus (beim Jagdhaus Elmau) die Aussicht auf das Wettersteinmassiv genossen.
📌 2. Natur und Kunst als Rückzugsort
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Für Ludwig war Natur kein Ort für Jagd oder Sport, sondern ein Ort der Selbstinszenierung und Meditation.
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Das Schachenhaus wurde kein Jagdschloss, sondern ein Ort der Ästhetik und Einsamkeit – ein persönliches Refugium.
🕌 Warum byzantinisch-orientalisches Ambiente?
🌟 1. Ludwig & der Orient
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Inspiriert von Märchen aus 1001 Nacht, den Reisen von Alexander dem Großen und der byzantinischen Kunst.
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Ludwig hatte eine ausgeprägte Orientsehnsucht – Ausdruck von Flucht aus der Realität.
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Er kannte die Münchner Ausstellung orientalischer Kunst (z. B. 1873) und ließ sich von Dekorationsstichen inspirieren.
🌟 2. Der „Maurische Saal“
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Im ersten Stock verbirgt sich der berühmte Maurische Saal, prunkvoll mit:
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Seidenstoffen, buntem Glas, Goldornamenten
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Alabastervasen, niedrigen Divanen, orientalischen Fenstern
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Keine Küche im Haus – alles wurde hochgetragen, auch für die aufwändigen Geburtstagsfeiern.
Der Maurische Saal wurde nie öffentlich genutzt – er war reine Kulisse für Ludwigs Träume.
📖 Anekdoten & Geschichten
🎂 1. Geburtstagsfeier in Einsamkeit
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Jedes Jahr ließ sich Ludwig am 25. August (seinem Geburtstag) auf den Schachen bringen.
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Er verlangte orientalische Kleidung, ließ Kerzen anzünden, Parfum versprühen – und feierte allein oder mit wenigen Dienern.
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Tafel wurde festlich gedeckt – obwohl niemand dort aß.
🥾 2. Schwieriger Zugang
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Alles – auch Möbel, Teppiche, Speisen – musste mit Trägern oder Maultieren stundenlang hochgebracht werden.
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Einmal ließ er sich im geschlossenen Tragstuhl von acht Männern hochtragen – sie mussten öfter auswechseln.
💭 3. „Thron der Stille“
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Im Maurischen Saal ließ er sich allein nieder, sah ins Nichts, trank Tee oder ließ sich Kissen bringen.
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Es war wie eine zeremonielle Audienz mit sich selbst – als König einer imaginären Welt.
🎨 Symbolik des Hauses
Außen
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Innen
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Einfach, holzverschalt wie ein Berghaus
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Überbordend, farbenfroh, exzessiv wie ein Märchenpalast
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Natur
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Traum, Illusion
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Rückzug vor der Welt
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Inszenierung einer anderen Welt
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Das Königshaus am Schachen ist Weltflucht-Architektur pur – Ludwig erschuf hier eine Bühne für seine Träume, nicht für das Publikum.
Jahr
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Ereignis
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1868
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Ludwig II entdeckt das Wettersteinmassiv und äußert Interesse an einem Gebirgshaus.
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1869
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Planung beginnt. Architekt Georg Dollmann wird beauftragt.
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1870
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Grundsteinlegung am Schachen auf 1.867 m Höhe.
Materialtransport per Träger und Maultier.
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1871
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Außenbau (Chalet-Stil) wird vollendet. Innenausbau des Erdgeschosses beginnt.
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1872
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Fertigstellung des Maurischen Saals im Obergeschoss.
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25. August 1872
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Ludwig II feiert erstmals seinen Geburtstag im orientalischen Saal.
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1873–1885
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Jährliche Aufenthalte Ludwigs im August.
Weitere Ausstattungen (Teppiche, Vasen, Stoffe) folgen.
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1886
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Letzter Sommer vor Ludwigs Tod. Danach wird das Haus kaum genutzt.
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