Während der Regierungszeit von König Ludwig II. von Bayern (1864–1886) war das Steuersystem Bayerns – wie auch im übrigen Deutschland – noch stark von ständischen, feudalen und frühmodernen Strukturen geprägt, allerdings zunehmend durch moderne Verwaltungsformen und fiskalische Organisation durchsetzt.
💰 Wer zahlte welche Steuern – und an wen?
🏠 1. Bürger, Bauern und Unternehmen
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Adressat der Steuern: Königlicher Staat (also die bayerische Staatskasse)
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Arten von Steuern:
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Grundsteuer: auf Grundbesitz (Land, Häuser)
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Gewerbesteuer: für Handwerker, Händler
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Kopfsteuer / Klassensteuer: direkte Abgabe nach Vermögen oder Einkommen
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Verbrauchssteuern: auf Salz, Tabak, Bier, Branntwein
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Zölle: an den Landesgrenzen oder für bestimmte Waren
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Die Steuerpflichtigen waren in Klassen eingeteilt, z. B. „1. Klasse = Vermögende“, „5. Klasse = Arme“ → entsprechend stieg die Steuerlast.
🏰 2. Adel und Klerus
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Genossen in vielen Fällen noch steuerliche Privilegien:
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Teile des Hochadels waren von direkten Steuern befreit
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Kirche erhielt eigene Abgaben (z. B. Zehnt), war aber auch teils abgabepflichtig
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Standesherren (z. B. Fürstenhäuser) hatten eigene Rechte, mussten aber gewisse Abgaben an den Staat leisten
👑 Zahlte Ludwig II. selbst Steuern?
❌ Nein, als König war er von Steuern befreit.
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Der König hatte kein steuerpflichtiges Einkommen – seine Ausgaben wurden aus dem Zivilliste-Budget bestritten:
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Die „Zivilliste“ war eine festgelegte staatliche Summe, die jährlich dem Monarchen für Hofhaltung, Paläste, Reisen etc. zugewiesen wurde (z. B. ca. 4 Millionen Gulden/Jahr)
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Zusätzlich verfügte Ludwig II. über Privatvermögen (Erbschaften, Besitzungen), für das keine Steuern anfielen
⚖️ Besonderheiten zur Steuerpolitik unter Ludwig II.
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Ludwig II. interessierte sich kaum für Steuerpolitik oder Wirtschaftsfragen
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Sein immenses Bauprogramm (Neuschwanstein, Linderhof, Herrenchiemsee) überforderte die Staatsfinanzen zunehmend
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Teilweise wurden staatliche Schulden aufgenommen, um Königsausgaben zu decken
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Er selbst verschuldete sich privat bei Banken (z. B. Rothschild) – jedoch nicht durch Steuern
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Die bayerische Regierung versuchte zunehmend, durch Steuerreformen und Modernisierung die Einnahmen zu erhöhen – etwa durch effizientere Verwaltung oder Ausweitung der Steuerpflicht
📌 Fazit:
Rolle
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Steuerpflicht
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An wen wurde gezahlt?
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Bürger
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Ja (direkt & indirekt)
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Staat / Königlicher Fiskus
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Bauern
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Ja (Grundsteuer, Abgaben)
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Staat / manchmal auch Grundherren
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Adel
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Teilweise befreit
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Eher symbolisch
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Kirche
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Eigenständige Einnahmen, teilw. steuerfrei
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Staat / Gläubige
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Ludwig II
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Nein (Staatsdotation über Zivilliste)
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Er bekam Geld vom Staat
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Zur Organisation und Höhe des Steuerwesens
Die Steuern zur Zeit König Ludwig II. von Bayern (1864–1886) waren im Vergleich zu heute weniger umfassend, weniger transparent, aber dennoch bedeutsam für Staat und Bevölkerung. Hier findest du eine gegliederte Übersicht über die Steuerarten, deren Höhe, Erhebungssystem und Verwaltung im Königreich Bayern:
🧾 1. Höhe der Steuern (Beispiele, ca.-Werte)
Die genauen Beträge variierten nach Region, Steuerklasse, Beruf und Besitz – die meisten Steuern waren relativ moderat im Vergleich zum heutigen Steuerstaat, aber für einfache Bürger spürbar belastend.
Steuerart
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Beispielhafte Höhe (ca.)
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Kommentar
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Kopfsteuer / Klassensteuer
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z. B. 2–30 Gulden/Jahr je nach Klasse
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Progressiv, je nach Vermögen
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Grundsteuer
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z. B. 4–8 % vom jährlichen Ertrag
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Belastete Bauern und Hausbesitzer
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Gewerbesteuer
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pauschal oder gewinnabhängig (5–10 % etwa)
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Gewerbetreibende
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Salzsteuer
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20–40 % Aufschlag
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Verbrauchssteuer, staatliches Monopol
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Biersteuer
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z. B. 0,3–1 Kreuzer pro Maß
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Besonders wichtig für Einnahmen
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Branntweinsteuer
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ca. 30 % des Marktwerts
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Sehr lukrativ
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Zölle und Abgaben
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Unterschiedlich, z. B. 10–20 % auf Waren
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An Grenzen und Städten
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⚠️ Ein Handwerker in der Stadt zahlte oft 10–20 Gulden jährlich an direkten Steuern – bei einem Jahreseinkommen von vielleicht 200–300 Gulden. Ein armer Landarbeiter dagegen nur 1–2 Gulden.
🏛️ 2. System der Steuererhebung (Organisation)
👮♂️ Wer trieb die Steuern ein?
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Steuerämter (z. B. „Königliches Rentamt“): staatliche Institution auf Landkreisebene
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Steuereinnehmer / Steuerschreiber: Beamte, oft mit Listen bewaffnet, zogen Geld ein
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In ländlichen Regionen arbeiteten sie mit Gemeindevorstehern oder Schultheißen zusammen
📜 Welche Verfahren gab es?
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Naturalsteuern waren größtenteils abgeschafft – fast alles in Geldzahlung
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Regelmäßige Erhebung (jährlich, halbjährlich)
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Eintrag in Steuerlisten / Grundbücher als Berechnungsgrundlage
🧮 3. Gab es Steuererklärungen?
📄 Nein, nicht im heutigen Sinne.
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Es gab keine Steuererklärungspflicht durch Bürger wie heute
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Stattdessen wurden Schätzungen oder staatliche Katasterdaten genutzt
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Vermögens- und Besitzverhältnisse wurden amtlich erfasst und eingetragen
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Wer arglistig verschwieg, konnte wegen „Steuervergehen“ belangt werden
Erst Ende des 19. Jahrhunderts, v. a. nach 1871 im Deutschen Reich, wurde das Einkommen systematisch zur Grundlage der Besteuerung – mit Anfängen der Einkommenssteuerformulare.
📚 4. Steuergesetze und Kontrolle
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Bayern hatte ein eigenes Steuergesetzbuch, regelmäßig angepasst
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Kontrolle durch Finanzinspektoren oder Revisoren (Staatliche Aufsicht)
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Städte führten teils eigene Register (z. B. Gewerbesteuerlisten)
🏰 5. Sonderrolle: Zivilliste des Königs
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Ludwig II. erhielt jährlich etwa 4 Millionen Gulden vom Staat (Zivilliste)
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Dieses Budget war nicht steuerlich erfasst – es war ein staatlich fixiertes „Privatbudget“ für königliche Zwecke
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Gleichzeitig wurden Baukosten und Darlehen zusätzlich teils aus der Staatskasse mitgedeckt
📌 Zusammenfassung
Aspekt
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Beschreibung
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Hauptsteuerarten
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Kopfsteuer, Grundsteuer, Verbrauchssteuern, Zölle
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Steuerhöhe
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1–30 Gulden/Jahr (Einzelperson)
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Zahlungssystem
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Barzahlung an Amtsstellen; keine moderne Erklärung
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Verwaltung
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Königliche Steuerämter, Gemeindebeamte
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Kontrolle
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Beamte und Katasterlisten, stichprobenartige Prüfungen
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Zivilliste
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Ludwig II war steuerfrei, erhielt staatliches Budget
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BIERSTEUERN 🍺
Biersteuer in Bayern – Anteil an den Staatseinnahmen
📌 Kernaussage:
Die **Biersteuer machte ca. 15–25 % der gesamten Staatseinnahmen Bayerns aus – abhängig vom Jahr.
📊 Konkrete Zahlen & Verhältnis
Jahr
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Gesamteinnahmen Bayern (geschätzt, in Gulden)
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Biersteuereinnahmen (geschätzt)
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Anteil
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ca. 1865
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~25 Mio. Gulden
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~4,5 Mio. Gulden
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~18 %
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ca. 1875
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~32 Mio. Gulden
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~6,0 Mio. Gulden
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~19 %
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ca. 1885
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~35 Mio. Gulden
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~7,0 Mio. Gulden
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~20 %
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Hinweis: Je nach Region und Bierausschank (Stadt/Land) wurden pro Maß zwischen 0,3 und 1 Kreuzer Steuer fällig. Bei Millionen Litern Jahresausstoß war das eine sehr stabile Einnahmequelle.
📌 Warum war die Biersteuer so wichtig?
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Konsumstark: Bier war in Bayern das Alltagsgetränk – oft sicherer als Wasser
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Hoher Pro-Kopf-Verbrauch: teils >150 Liter/Jahr pro Erwachsenem
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Einfache Erhebung: Brauereien waren erfasst und kontrollierbar
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Wenig Widerstand: Bevölkerung akzeptierte sie eher als neue Steuern
🏛️ Im Kontext der Gesamtsteuern:
Steuerart
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Anteil an den bayerischen Einnahmen (geschätzt)
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Biersteuer
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15–25 %
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Grundsteuer
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10–15 %
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Zölle / Transitabgaben
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10 %
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Branntweinsteuer
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5–10 %
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Gewerbesteuer
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5–8 %
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Klassen-/Kopfsteuer
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10–15 %
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⚖️ Fazit:
Die Biersteuer war im 19. Jahrhundert eine tragende Säule der bayerischen Staatsfinanzen – vergleichbar mit der heutigen Mineralöl- oder Mehrwertsteuer. Ihre hohe Ertragskraft bei vergleichsweise geringer Erhebungsbürokratie machte sie unverzichtbar für den Staatshaushalt, auch zur Finanzierung der Zivilliste von Ludwig II.
🍻 Höhe der Biersteuer heute
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Der Standardsteuersatz beträgt 0,787 € pro Hektoliter und Grad Plato
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Beispiel: Ein Vollbier mit ca. 12 °P führt zu
0{,}787\;€ × 12 = 9{,}44 € pro Hektoliter \]
Das entspricht ca. 0,00944 € pro Liter bzw. 0,944 € Cent .
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In anderen Quellen wird das Verhältnis auch pro Flasche (330 ml, 5 % Vol.) ausgewiesen: etwa 0,0325 € pro Flasche – etwa das EU-Mindestniveau .
💶 Beispielsrechnung pro Liter
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12 °P → 9,44 €/hl → 0,0944 €/l = 9,44 Cent/Liter
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In einer 0,5 l Maß sind das rund 4,7 Cent Biersteuer
🥃 Ermäßigungen
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Kleine Brauereien (< 200.000 hl/Jahr) bekommen gestaffelte Rabatte – bis zu 50 % Ermäßigung bei unter 5.000 hl/Jahr
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Hobbybrauer bis 5 hl/Jahr sind steuerfrei .