Ludwig II Essen und Trinken Fettleibigkeit zum Lebensende
König Ludwig II. von Bayern hatte gegen Ende seines Lebens deutlich an Gewicht zugenommen. Das hing eng mit seinem ungezügelten Essverhalten, seinen späten, üppigen Mahlzeiten und seiner Zurückgezogenheit zusammen. Hier ein Überblick zu seinem Ess- und Trinkverhalten:
🥄 Ess- und Trinkgewohnheiten Ludwigs II.
Aspekt
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Beschreibung
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Esszeiten
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Oft nachts; lud seine Diener ein, ihm spät abends oder nach Mitternacht zu servieren.
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Speisevorlieben
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Besonders gern: Süßspeisen, Wildgerichte, Geflügel, Reh, Trüffel, schwere Saucen.
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Spezialitäten
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Schwärmte für Bayerische Küche, aber auch für aufwendige französische Speisen.
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Süßigkeiten
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Sehr zugetan: Schokolade, Desserts, Kuchen – oft in großen Mengen.
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Trinkverhalten
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Trank Wein, Champagner, auch Liköre; Tee wurde ebenso regelmäßig serviert.
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Essensinszenierung
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Aß oft allein, ließ Speisen in Prunkräumen servieren; diente auch der Selbstinszenierung als „König von Gottes Gnaden“.
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Zunahme an Gewicht
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Im Alter von über 40 Jahren wurde er deutlich übergewichtig – über 120 kg werden vermutet.
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Bewegungsmangel
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Bewegte sich wenig, unternahm kaum körperliche Aktivitäten.
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Psychischer Hintergrund
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Essverhalten diente wohl auch der Kompensation von Einsamkeit und Isolation.
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📌 Besondere Eigenheiten:
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Er ließ sich bei Nachtmahlzeiten im Wintergarten der Münchner Residenz oder im Spiegelsaal von Linderhof bedienen – oft in völliger Stille.
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In Neuschwanstein ließ er das Essen mit einem mechanischen Aufzugstisch aus dem darunterliegenden Raum „heraufzaubern“, um nicht gesehen zu werden.
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Er verlangte, dass alles perfekt und königlich präsentiert wurde – selbst wenn niemand sonst anwesend war.
🧠 Fazit:
Ludwig II. benutzte Essen nicht nur zur Sättigung, sondern als ästhetisches und emotionales Ritual. Der zunehmende Realitätsverlust und seine Rückzugsmentalität spiegelten sich auch in seiner Ernährung wider.
Seine Gewichtszunahme war somit körperlich sichtbar gewordener Ausdruck seiner inneren Krise.
Wie war die Küche organisiert?
Die Küche König Ludwigs II. war ein hochorganisierter, abgeschotteter Bereich seiner Schlösser und Residenzen – angepasst an seine speziellen Gewohnheiten, Vorlieben und Eigenheiten. Im Folgenden ein strukturierter Überblick:
👑 Organisation der Küche bei Ludwig II.
Aspekt
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Details
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Ort der Küchen
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Separate Küchen in jedem Schloss, z. B. Münchner Residenz, Hohenschwangau, Neuschwanstein, Linderhof, Herrenchiemsee.
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Hauptküche
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In größeren Anlagen oft weit vom Speisesaal entfernt, um Geruchsbelästigung zu vermeiden.
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Personal
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Mehrere Köche, Küchenjungen, Silberdiener, Kammerdiener, Kellner – alles unter Hofprotokoll.
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Küchenleitung
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Der Hofküchenmeister koordinierte alles, erhielt genaue Anweisungen über Menü, Uhrzeit, Präsentation.
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Kommunikation
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Ludwig ließ meist schriftlich bestellen, oft über Diener oder direkt über einen Tischaufzug (z. B. in Neuschwanstein).
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Diskretion
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Personal durfte den König nicht sehen. Speisen wurden „geisterhaft“ serviert – aufziehbare Tische, unsichtbare Dienste.
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Technik
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Teilweise fortschrittlich: mechanische Tischlifte, isolierte Speiseleitungen, durchdachte Wärmeverteilung.
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Zeiten
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Ludwig aß oft nach Mitternacht – Personal musste stets einsatzbereit sein.
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Sonderwünsche
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Exakte Vorstellungen über Menüfolge, Temperatur, Präsentation. Änderungen wurden nicht toleriert.
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Speisesäle
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Oft alleine, in prunkvollen Räumen wie dem Spiegelsaal in Linderhof, mit Musik oder Illumination.
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🍽 Beispiel: Küche von Schloss Neuschwanstein
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Die Küche befand sich im dritten Stock, weit vom Speisesaal im vierten entfernt.
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Ausstattung: gusseiserne Herde, Kupferkessel, Eisboxen, Kühlraum, spezieller Bereich für Süßspeisen.
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Modern für die Zeit: Wasserleitungen, Drehspieß mit Kurbelbetrieb, Röhren für heiße Luft, um Speisen warmzuhalten.
🧠 Psychologischer Aspekt:
Ludwig wollte Kontrolle behalten – selbst über das, was er aß – und direkten Kontakt mit dem Dienstpersonal vermeiden. Die Organisation der Küche entsprach daher seiner Rückzugsmentalität und seinem Hang zur Inszenierung. Essen wurde zur Bühne – aber hinter der Bühne arbeiteten Dutzende unbemerkt im Takt seiner Launen.
Typische königliche Menüfolge von König Ludwig II., wie sie aus Hofaufzeichnungen und Berichten rekonstruiert werden konnte – insbesondere für seine Abendmahlzeiten in Linderhof oder Neuschwanstein:
🍽️ Königliches Menü bei Ludwig II. von Bayern
(beispielhafte Abendmahlzeit, französisch inspiriert, spät nachts serviert)
Gang
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Speise
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1. Vorspeise (Entrée)
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Potage à la reine (feine Hühnersuppe mit Sahne und Mandeln)
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2. Vorspeise
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Pâté de foie gras (Gänseleberpastete mit Trüffeln auf Toast)
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3. Fischgang
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Forelle Müllerin Art oder Saumon en croûte (Lachs in Blätterteigkruste)
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4. Hauptgang Fleisch
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Rehrücken mit Preiselbeeren, dunkler Trüffelsauce, Kartoffelgratin
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5. Gemüsebeilage
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Spargel mit Hollandaise, glasierte Möhren, Artischockenherzen
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6. Zwischengang
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Kalbsbries auf Morchel Sauce
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7. Süßspeise
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Crêpes Suzette, Schokoladensoufflé oder Bayerische Creme
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8. Käsegang
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Auswahl französischer Käse (Brie, Roquefort, Comté)
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9. Dessert / Obst
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Frisches Obst, kandierte Früchte, Marzipan
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Getränke
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Champagner, Bordeaux-Rotwein, Tokajer, Dessertwein, Kaffee oder Tee
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📝 Bemerkungen:
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Die Menüs waren oft mehrgängige Festmahle, inspiriert vom französischen Hofstil.
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Ludwig ließ sich oft alleine bedienen, aß aber in Prunkräumen wie dem Spiegelsaal von Schloss Linderhof oder dem Wintergarten der Residenz München.
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Alles wurde mit höchster ästhetischer Sorgfalt präsentiert – teils mit Porzellan von Nymphenburg, teils mit silbernem Besteck und königlichem Wappen.
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Spezielle Nachtmenüs konnten sogar bis 10 Gänge umfassen – immer reich, würzig, schwer.
🍽️ Essgewohnheiten von Ludwig II.
Merkmal
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Beschreibung
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🕰️ Zeitpunkt
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Meist spät abends oder nachts, nie zu Hofzeiten
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🕯️ Gesellschaft
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Immer allein, hasste es, mit anderen zu essen
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🪞 Ort
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Häufig im Spiegelsaal, im Esszimmer mit versenkbarem Tisch, teils sogar im Schlafzimmer
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🙈 Keine Diener im Raum
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Der Tisch wurde per Mechanik in die darunterliegende Küche abgesenkt – damit kein Diener sichtbar war
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🥩 Was hat Ludwig II. gegessen?
🍗 Typische Speisen:
Gericht / Zutat
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Bemerkung
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Geflügel (Rebhuhn, Wachteln)
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Elegant, leicht – oft serviert
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Kalbsbraten / Wildbret
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Besonders Reh und Hirsch – sehr geschätzt
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Fasanenbrust mit Trüffelsauce
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Exquisit, in Linderhof besonders beliebt
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Froschschenkel in Weißwein
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Französischer Einfluss, eher im Schloss Herrenchiemsee
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Spargel mit Hollandaise
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Frühlingsgericht, häufig bestellt
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Desserts mit Vanille & Marzipan
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Lieblingsnachspeisen
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Schokolade & Pralinen
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Gern in der Nacht, als „Seelentröster“
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🥣 Besonderheiten:
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Ludwig liebte opulente Menüs mit 4–6 Gängen
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Er bevorzugte sämige Suppen (z. B. Kraftbrühe, Geflügelcremesuppe)
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Servierstil wie bei Ludwig XIV. – auch in Linderhof: französisch-barock
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Kein Fan von bayerischer Hausmannskost wie Schweinshaxe oder Weißwurst
🍷 Was hat Ludwig II. getrunken?
Getränk
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Bemerkung
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Champagner
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Besonders Veuve Clicquot – sehr häufig bestellt
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Weißwein (aus Franken)
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Milde Sorten, oft zu Fisch und Geflügel
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Liköre & Dessertweine
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Tokajer, Sauternes, Rosenlikör – wegen Süße geschätzt
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Heiße Schokolade
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Gern spätabends – aus kostbarem Porzellan
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Kaffee mit Sahne
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Nur morgens, aber nie mit Gesellschaft
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Wasser
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Aus Gebirgsquellen – bevorzugt in Kristallkaraffen serviert
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👉 Bier mochte Ludwig kaum, obwohl er bayerischer König war.
🕯️ Anekdoten zum Essen
🍽️ 1. „Unsichtbares Dinner“
Der Tisch im Linderhof-Esszimmer wurde mechanisch gesenkt – das Personal stellte die Gänge in der Küche auf, dann wurde der Tisch hochgefahren, als sei es Magie. Ludwig nannte es sein „Dinner mit unsichtbaren Geistern“.
🍷 2. „Champagner zu Wagner“
Bei nächtlichen Musikstunden in Neuschwanstein ließ er sich Champagner mit Eis reichen, während Wagner-Arien erklangen. Musik war für ihn „Speise für die Seele“, der Champagner „Trank der Götter“.
📜 Fazit:
König Ludwig II. aß und trank weniger aus Hunger, sondern als künstlerisches, ritualisiertes Erlebnis. Essen war für ihn Theater, Abschottung und Selbstinszenierung – ganz in der Welt der Könige von Versailles.
🎭 Symbolik:
Das Essen war für Ludwig ein Theaterstück ohne Zuschauer, ein Akt der königlichen Selbstinszenierung. Selbst allein wurde alles so vorbereitet, als sei ein ganzer Hofstaat anwesend – ein Spiegel seiner inneren Welt zwischen Romantik, Rückzug und Größenvisionen.